
16.09.2025
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Erweiterung des Internationalen Automatischen Informationsaustauschs in Steuersachen (AIA 2.0)
Im 2022 hat die OECD den aktualisierten Standards für den automatischen Austausch von Finanzkontoinformationen, auch als „Common Reporting Standard“ (CRS) oder "Automatischer Informationsaustausch" (AIA) bezeichnet, veröffentlicht. Die Aktualisierung umfasst zwei wesentliche Elemente:
Änderung des bestehenden Standards für den automatischen Austausch von Finanzkontoinformationen (sogenanntes AIA 2.0).
Einführung des neuen Crypto-Asset Reporting Framework (CARF).
Am 19. Februar 2025 hat der Bundesrat dem Parlament die Vorlage zur Umsetzung dieser Regulationen vorgelegt. Die entsprechenden Gesetzesvorschriften sollen am 1. Januar 2026 in Kraft treten.
Die nachfolgende Zusammenfassung umfasst die wichtigsten Änderungen für schweizerische meldepflichtige Finanzinstitute, die im Rahmen des überarbeiteten Automatischen Informationsaustauschs (AIA 2.0) in Kraft treten werden, viele der Änderungen betreffen jedoch auch unsere nicht-schweizerischen Leser.
In unseren nächsten Newslettern werden wir einen detaillierten Überblick über die CARF-Anforderungen bereitstellen.
Wichtigste Neuerungen im Rahmen von AIA 2.0
1. Erweiterung der Produkte, die in den Anwendungsbereich fallen
Einführung der Begriffe „spezifiziertes E-Geld-Produkt“ und „Digitale Zentralbankwährung" (DZBW) sowie Erweiterung der Definition der Begriffe „Einlagenkonto“ und „Einlageninstitut“, um diese Produkte einzuschliessen. Einlagenkonten, die sämtliche spezifizierten E-Geld-Konten eines Kunden darstellen, gelten für AIA-Zwecke jedoch als ausgenommene Konten, sofern der gleitende Durchschnitt des Gesamtkontostands bzw. -werts am Tagesende während eines Zeitraums von 90 aufeinanderfolgenden Tagen an keinem Tag des Kalenderjahres oder eines anderen einschlägigen Meldezeitraums USD 10.000 überschritten hat.
Erweiterung der Definition von Finanzvermögen um alle Beteiligungen an relevanten Kryptowerten. Das bedeutet, dass alle Produkte, die eine Beteiligung an einem Kryptowert darstellen, in den Anwendungsbereich des AIA fallen, es sei denn, es handelt sich um eine digitale Zentralbankwährung, ein spezifiziertes E-Geld-Produkt oder einen Kryptowert, für den der relevante meldende Anbieter von Kryptodienstleistungen festgestellt hat, dass er nicht für Zahlungs- oder Investitionszwecke verwendet werden kann. In der Praxis gilt dies beispielsweise für Derivate, die sich auf relevante Kryptowerte beziehen und in Verwahrkonten verwahrt werden.
2. Festlegung von Fristen für steuerbefreite Kapitaleinzahlungskonten
AIA 2.0 präzisiert die Bedingungen, unter denen Kapitaleinzahlungskonten unter AIA als ausgenommene Konten behandelt werden. Nach den aktualisierten Vorschriften gilt ein Kapitaleinzahlungskonto als ausgenommen, wenn es vor nicht mehr als 12 Monaten eröffnet wurde.
3. Aufhebung des Sonderstatus als nicht meldende FI für Schweizer Stiftungen und Vereine
Der bisher für bestimmte steuerbefreite Schweizer Stiftungen und Vereine geltende Sonderstatus „Nicht Meldendes FI“ wird aufgehoben und durch einen neuen Status ersetzt: „Nicht Meldendes FI – Qualifizierter Gemeinnütziger Rechtsträger“.
4. Verschärfung der Sorgfaltspflichten und GWG/KYC-Anforderungen
Nach AIA 2.0 ist eine Berufung auf die Tie-Breaker-Regeln nicht mehr zulässig. Während Fälle doppelter Ansässigkeit derzeit durch Bestimmungen in Doppelbesteuerungsabkommen gelöst werden, die einer Jurisdiktion Vorrang vor einer anderen einräumen, wird dieser Ansatz künftig nicht mehr angewendet. Künftig müssen in Fällen doppelter oder mehrfacher Ansässigkeit alle Ansässigkeitsstaaten in der Selbstauskunft des Kontoinhabers angegeben werden und das meldende Finanzinstitut hat das Konto in Bezug auf jede meldepflichtige Jurisdiktion als meldepflichtiges Konto zu behandeln.
Bei der Validierung einer Selbstauskunft müssen Finanzinstitute die OECD-Leitlinien zu den Citizenship by Investment- und Residence by Investment-Programmen (CBI/RBI-Programme) berücksichtigen. Bestimmte CBI/RBI-Programme gelten als potenziell risikohaft, da sie missbraucht werden können, um die AIA-Meldepflichten zu umgehen. Dabei handelt es sich typischerweise um Programme, die Zugang zu tiefen Einkommensteuersätzen auf Offshore-Vermögenswerte für natürliche Personen gewähren, ohne dass eine wesentliche physische Präsenz in der anbietenden Jurisdiktion erforderlich ist. Die OECD veröffentlicht Informationen über solche potenziell risikobehafteten Programme und von meldenden Finanzinstituten wird erwartet, dass sie sich bei der Beurteilung der Plausibilität einer Selbstauskunft auf diese Informationen stützen.
Bestehen Zweifel an der steuerlichen Ansässigkeit eines Kontoinhabers oder einer beherrschenden Person, die den Wohnsitz in einer Jurisdiktion mit einem potenziell risikobehafteten CBI/RBI-Programm beansprucht, darf die Selbstauskunft erst dann akzeptiert werden, wenn zusätzliche Plausibilitätsprüfungen durchgeführt wurden. Die OECD weist darauf hin, dass solche Prüfungen Fragen beinhalten können, ob die betreffende Person:
Aufenthaltsrechte im Rahmen eines CBI/RBI-Programms erworben hat;
Aufenthaltsrechte in anderen Jurisdiktionen besitzt;
sich im vorangegangenen Jahr mehr als 90 Tage in einer anderen Jurisdiktion aufgehalten hat; und
im vorangegangenen Jahr in anderen Jurisdiktionen persönliche Einkommensteuererklärungen eingereicht hat.
5. Erweiterte Anforderungen für die Beschaffung der TIN
Fehlt eine Steueridentifikationsnummer (TIN), müssen Finanzinstitute kontinuierlich angemessene Anstrengungen unternehmen, um diese zu erhalten – nicht nur in den ersten zwei Jahren, nachdem ein Konto meldepflichtig geworden ist, sondern auch immer dann, wenn aufgrund der GWG-Pflichten eine Aktualisierung der Kontoinformationen erforderlich ist.
6. Ausweitung des Umfangs der meldepflichtigen Informationen
Die folgenden Angaben, die bisher nicht meldepflichtig waren, müssen neu gemeldet werden:
Ob es sich um ein vorbestehendes oder ein neues Konto handelt.
Ob eine gültige Selbstdeklaration vorliegt
Ob es sich um ein Gemeinschaftskonto handelt und, wenn zutreffend, die Anzahl der Kontoinhaber.
Die Kontoart, klassifiziert als eine der folgenden: Einlagenkonto, Depotkonto, rückkaufsfähigen Versicherungsvertrag oder Rentenversicherungsvertrag, Eigen- oder Fremdkapitalbeteiligung
7. Meldepflicht für die Rollen von beherrschenden Personen und Kapitalbeteiligungsinhabern von Gesellschaften, Trusts und trustähnlichen Strukturen
Bei Gesellschaften, Trusts und trustähnlichen Strukturen (z. B. Stiftungen), die als passive NFE klassifiziert sind, muss die Rolle jeder beherrschenden Person vom meldenden Schweizer Finanzinstitut, das das Finanzkonto führt, gemeldet werden.
Bei Gesellschaften, Trusts und trustähnlichen Strukturen, bei denen es sich um professionell verwaltete Investmentgesellschaften handelt, deren Kapitalbeteiligungsinhaber meldepflichtige Personen sind, muss die Rolle jedes meldepflichtigen Kapitalbeteiligungsinhabers in der Gesellschaft, dem Trust oder der trustähnlichen Struktur gemeldet werden. Bisher waren diese Felder optional.
Nächste Schritte und Vorbereitungen
Die erste Meldung unter den neuen Richtlinien des AIA 2.0 wird im Jahr 2027 erfolgen. Dennoch sollten meldende schweizerische Finanzinstitute gewisse Aspekte der Umsetzung so früh wie möglich vorantreiben, um sicherzustellen, dass die Systeme und Prozesse bis zum 1. Januar 2026 aktualisiert sind und die erforderlichen Informationen erfasst werden können. Wir empfehlen Finanzinstituten, mit ihren Systemanbietern zu koordinieren, um sicherzustellen, dass alle neuen Pflichtfelder für die AIA-relevanten Angaben verfügbar sind.
Darüber hinaus sollten interne Weisungen, Prozesse und Kundenformulare überprüft und aktualisiert werden, um nicht mehr gültige Status zu entfernen, veraltete regulatorische Verweise zu bereinigen und Definitionen zu aktualisieren. Ferner müssen neue regulatorische Anforderungen – insbesondere jene im Abschnitt „Verschärfung der Sorgfaltspflichten und GWG/KYC-Anforderungen“ – berücksichtigt werden.
Da die offizielle AIA-Wegleitung der ESTV noch nicht veröffentlicht ist, bleiben gewisse Schweiz-spezifische Umsetzungsdetails („Swiss Finish“) vorerst unklar. Ein schrittweises Vorgehen bei der Umsetzung wird daher erforderlich sein. Nach Veröffentlichung der neuen AIA-Wegleitung wird möglicherweise eine detailliertere Gap-Analyse der internen Weisungen, Abläufe und Prozesse notwendig sein. Zudem sollten Finanzinstitute dringend in Erwägung ziehen, die aktualisierten Meldevorschriften zu testen, um sicherzustellen, dass die Meldung 2027 korrekt und ohne Unterbrechungen eingereicht werden kann.
In unseren nächsten Newslettern werden wir einen detaillierten Überblick über die CARF-Anforderungen bereitstellen.